Die tägliche Beratungspraxis lässt eine Tendenz vermuten, dass bestehende Gesetze in strittigen Fällen grundsätzlich zum Nachteil des steuerpflichtigen ausgelegt und entsprechende ungünstige Steuerbescheide erlassen werden. In Einzelfällen weicht diese (wörtliche) Auslegung jedoch drastisch von Sinn und Zweck des Gesetzes ab. Es wird dann billigend in Kauf genommen, dass sich der Steuerpflichtige das ihm zustehende Recht vor den Finanzgerichten erstreiten muss. Doch viele Steuerzahler und auch einzelne Beraterkollegen scheuen – aufgrund von falscher Scham und unbegründeter Furcht - den Weg vor die Finanzgerichtsbarkeit. Dabei stehen die Chancen, vor einem Finanzgericht zu gewinnen, gar nicht so schlecht wie gemeinhin vermutet, dies zeigt ein Blick auf die Erfolgsquoten der einzelnen Finanzgerichte.
Vor dem Finanzgericht Münster z.B: waren im Jahr 2009 ca. 44% der Steuerpflichtigen ganz oder zumindest teilweise erfolgreich. Auch vor dem Finanzgericht Köln führen 44% aller Klagen zu einem Erfolg oder Teilerfolg und damit zu einer Steuerminderung für die Steuerpflichtigen. Dies ist wesentlich durch die wachsende Komplexität des Steuerrechts bedingt, denn die sich hieraus ergebenden Sach- und vielfach neuen Rechtsfragen können oftmals erst im gerichtlichen Verfahren gelöst werden.
Von den im Jahr 2008 vor dem Finanzgericht Köln abgeschlossenen Klageverfahren wurden allerdings nur etwa 20 % durch Urteil oder Gerichtsbescheid abgeschlossen. In vielen Fällen konnte das Gericht den Rechtsfrieden ohne förmliche Entscheidung herstellen. Dies erfolgt im Rahmen von Erörterungsterminen und durch richterliche Hinweise, die zu sachgerechten Kompromissen führten. Zum Teil nahmen die Steuerpflichtigen auch ihre Klagen zurück, nachdem das Finanzamt den angefochtenen Steuerbescheid zu deren Gunsten geändert hatte. Der Anteil der Klageverfahren, die einvernehmlich abgeschlossen werden konnten, ist in den letzten Jahren kontinuierlich angestiegen ist. Er liegt vor dem Finanzgericht Münster sogar schon bei 34,3 %.
Die Finanzgerichte konnten zudem in 2009 nochmals mehr Verfahren erledigen und dabei den Bestand der älteren, anhängigen Verfahren deutlich abbauen. Dieser Bestandsabbau wird sich in den nächsten Jahren positiv auf die Verfahrenslaufzeiten auswirken. Die durchschnittliche Dauer eines Verfahrens vor dem Finanzgericht Köln lag 2008 bei 17,1 Monaten, in Münster bei 19,7.
Die Verfahrenskosten, also die Gerichtsgebühren sowie die Beratungskosten, richten sich nach dem sog. "Streitwert". Das ist der Unterschiedsbetrag zwischen der vom Finanzamt festgesetzten Steuer und der vom Kläger als gerechtfertigt anerkannten Steuer.
Die Gebühr ermäßigt sich um 50%, wenn das Verfahren beendet wird durch:
Mit Einreichung der Klage wird eine Verfahrensgebühr fällig, die sich vorläufig nach dem Mindeststreitwert von 1.000,00 EUR richtet. Daraus ergibt sich ein vorab zu entrichtender Betrag von 220,00 EUR, über den unmittelbar nach Einreichen der Klage eine Rechnung der Gerichtskasse erstellt wird. Dieser Betrag wird nach Abschluss des Verfahrens im Rahmen der dann zu erstellenden Gerichtskostenrechnung angerechnet.
Zur Hilfestellung bezüglich der Ermittlung des Streitwertes gibt es von den Landesjustizministerien respektive von den Finanzgerichten sogenannte Streitwertkataloge heraus, an denen sich der Steuerpflichtige orientieren kann.